Rhino ganz oben
Unter dem Akronym „LEAP“, Living Ecological Alpine Pod, entwirft und baut eine italienische Firma mit Rhinoceros modulare Strukturen für den Einsatz im Gebirge.
Francesco Mattuzzi
Montage am Mont Blanc
Respektvoller, Ressourcen schonender Umgang mit der Natur, Nachhaltigkeit und Anpassungs-fähigkeit, all das sind aktuelle Leitbilder zeitgemäßen Bauens. Die italienische Firma LEAPfactory hat sich ganz diesen Vorgaben verschrieben.

Unter dem Akronym „LEAP“, Living Ecological Alpine Pod, entwirft und baut sie mit ausgeklügelter Technologie modulare Strukturen, die vor allem im Gebirge zum Einsatz kommen. Und verwendet für die Planung und Umsetzung ihrer anspruchsvollen Projekte die Software Rhinoceros.

Immer schon verkörperten Bergsteigerhütten genau diesen schmalen Grat zwischen notwendigem Eingriff in die Natur und größtmöglicher Sicherheit und Lebensraum für den Menschen. Das neueste Projekt, die Capanna Gervasutti, wurde im Oktober vergangenen Jahres in nur einem Tag auf dem Freboudze Gletscher installiert, gegenüber dem Osthang der Grandes Jorasses im Mont Blanc Massiv. Eine grandiose Lage, die durch ihre Einzigartigkeit prädestiniert ist für solch ein Projekt, welches Bescheidenheit und Respekt gegenüber der Natur zum Ausdruck bringen möchte.

An 6 Punkten berührt die modulare Einheit den Boden, bietet auf 30 qm Nutzfläche Platz für 12 Betten und die entsprechende technische Ausrüstung. Alle Elemente wurden aus hochwertigen, ökologisch zertifizierten und recyclebaren Materialien für ihren Einsatz in großer Höhe und unter extremen Temperatur-bedingungen gefertigt und schließlich vor Ort unter äußerst schwierigen Voraussetzungen montiert.

Francesco Mattuzzi
Schiffs- und Flugzeug-konstruktionen mögen dem Bauwerk als Vorlage gedient haben, doch möchte es sich bewusst nicht traditionellen alpinen Strukturen annähern, sondern über sein High-Tech Aussehen eine eigenständige Aussage schaffen - den unmittelbaren Blick in die umgebende Natur in den Vordergrund stellen.

Im Innenraum sorgen ausgewählte, helle Materialien für einladende Wärme, aber auch die notwendige Robustheit, Hygiene und Sicherheit.
Generell können die einzelnen Einheiten nicht nur Wohn- und Aufenthaltsräume, sondern auch technologische Systeme etwa zur Energieerzeugung oder zur Messung der lokalen Verhältnisse (Wetterbedingungen, Web-Cam, Notfall-Verständigung) enthalten. Für die Sanitäreinheit wurde eine biologische Toilette entwickelt, die Abwässer entsorgt, ohne die Umwelt zu verschmutzen.

Man betritt die Capanna Gervasutti zunächst über eine Art Schleusenraum, der mit einer thermisch isolierten Innentür versehen ist. Hier befinden sich Trocken- bzw. Ablagemöglich-keiten sowie die Rettungsausrüstung.
Zur einen Seite gelangt man dann in einen hellen Wohn-/Ess-bereich, der über eine Küchenzeile mit Vorratsschrank und elektrischem Induktions-Kochfeld verfügt. Zur anderen Seite schließen sich die Schlafeinheiten mit verstellbaren Kojen an. Je nach Anzahl der Nutzer wird so der Komfort auf ein Maximum erhöht.
Durch Vollverglasung (aus hochmodernem kratzfesten Acryl) zwischen den Konstruktionsrippen kann man in einem weiteren Aufenthaltsraum den Ausblick in die Berglandschaft genießen und auch am Ende des Biwaks rahmt der Querschnitt den ansonsten ungehinderten Blick nach draußen.
Ein in die äußere Hülle eingebauter Photovoltaik-Film liefert die notwendige Energie zum Betrieb der Einheit und macht diese unabhängig von ihrer Umgebung.

Am Ende seiner Nutzungsdauer kann der Pod via Hubschrauber weggehoben werden, ohne dass irgendeine Spur an seine vormalige Präsenz erinnern würde. Der Begriff „ökologisch„ verdeutlicht damit den temporären, völlig reversiblen Aspekt dieses Bauwerks.

LEAPfactory
Generell können Standort und Einsatzart beliebige Kombinationen der einzelnen Abschnitte erfordern, weiter entwickeln lässt sich das System etwa in Freizeitanlagen im Öko-Tourismus, als provisorische Ergänzung bei großen Veranstaltungen, Sportereignissen oder im kommerziellen Bereich. Die kurze Vorlaufphase, vorhersehbare Kosten und die Möglichkeit der Wiederverwendung an anderer Stelle machen das Konzept in jedem Fall für viele Auftraggeber interessant.

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von Isabell Häusler / flexiCAD.com